Tschüss, Frau Staatsanwältin… (Podcast verfügbar)
Nach insgesamt 23 Jahren und 48 Folgen geht die bald 77-jährige nun in den „Tatort“-Ruhestand. Ihren Abschied vom treuen Münsteraner Publikum hat Mechthild Großmann aber bereits am Dienstag im Rahmen der Premiere von „Die Erfindung des Rades“, dem 48. Münster-„Tatort“, im Cineplex gefeiert. Aus diesem Anlass sind neben Großmann u.a. auch ihre langjährigen Schauspielkollegen Axel Prahl (Frank Thiel), ChrisTine Urspruch (Silke Haller), Claus D. Clausnitzer („Vaddern“ Thiel) und Björn Meyer (Mirko Schrader) nach Münster gekommen. Für alle ein sehr emotionaler Moment, auch wenn die Dreharbeiten für diese Folge schon geraume Zeit abgeschlossen sind. Das eine oder andere Tränchen haben sich so nicht nur ChrisTine Urspruch verdücken müssen, sondern auch Axel Prahl im Interview nach der Vorstellung. Eingestimmt wird das Premieren-Publikum mit einer liebenswerten Hommage: 5 Minuten „Best Of Klemm“ – mit wunderbaren Szenen der Schauspielerin aus 23 Jahren „Tatort-Team-Münster“.
Mechthild Großmann indes scheint den Abend des Abschieds von den meisten am besten zu verkraften… gewohnt resolut, schlagkräftig, gelassen und auf den Punkt. Natürlich sind 23 Jahre eine lange Zeit, aber sie und der „Tatort“ habe sie im Jahr vier bis acht Tage an reiner Dreharbeit gekostet. „Den Rest habe ich was anderes gemacht“, so die Schauspielerin, die nach diesem Ausstieg natürlich weiterhin u.a. am Theater arbeiten wird. Zu ihren Plänen verrät sie: „Nächstes Jahr habe ich sehr schöne Sachen vor: Mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Vladimir Jurowski werde ich „Der Schneesturm“ von Puschkin lesen. Mehrere Auftritte mit der Lautten Compagney, mit fünf wunderbaren Musikern, die spanische Musik aus dem 17. Jahrhundert spielen, und mein Text handelt von Don Quichotte. Mit Gottlieb Wallisch – einem großartigen Pianisten, der Musik der 20er Jahre spielt – zu Texten von Menschen dieser Zeit. In Dresden werde ich Alan Bennett in der Komödie lesen, und, und, und. Ich freue mich auf ganz viel Literatur und Theater. „Das Vermächtnis“ im Schauspielhaus Münster wird es im Februar und März auch geben.“
Und auf die Frage, was sich in 23 Jahren „Tatort Münster“ verändert habe: „Was sich verändert hat? Als ich meine erste Szene im „Tatort“ drehte, war ich 54 Jahre alt. Dieses Jahr drehte ich die letzte Folge und werde im Dezember 77 Jahre alt. Das ist der größte Unterschied.“
In ihrem letzten „Tatort“ hat Mechthild Großmann aber weitaus mehr Sprech- und Bildanteile… und als eine der letzten Szenen verabschiedet sie sich mit einer schallenden Ohrfeige, auch irgendwie typisch.
Was Ihr am meisten fehlen wird? „Also vermissen werde ich, vor Axel Prahl zu stehen und zu sagen: GUTE ARBEIT, THIEL!“ Dieses eine Mal wird sie es noch einmal sagen…
Regisseur Till Franzen: „Die größte Herausforderung war es, der Figur Wilhelmine Klemm in ihrem letzten Auftritt die Größe und Würde zu geben, die sie verdient. Mechthild Großmann hat mit ihrer unverwechselbaren Präsenz über viele Jahre eine Figur geprägt, die streng, unnahbar und zugleich charismatisch war. Diesen Abschied mussten wir so erzählen, dass er emotional berührt, aber nicht sentimental wird – also in dem feinen Ton, der auch die Münster-Tatorte auszeichnet. Für mich war es ein großes Glück, dass Mechthild Großmann hier noch einmal eine so tragende Rolle spielen konnte, die der Geschichte Tiefe gibt und gleichzeitig den Raum eröffnet, ihre Figur in aller Konsequenz zu würdigen.“
Drehbuchautor Thorsten Wettcke auf die Frage, was ihm bei der Abschiedsgeschichte dieser besonderen Rolle wichtig war: „Zunächst mal war es mir eine große Freude und Ehre, dass Frau Großmann mich für diese Aufgabe auserkoren hatte. Wichtig war uns zum einen, dass Staatsanwältin Klemm selbst an den Punkt kommt zu entscheiden, ihren Job an den Nagel zu hängen – und nicht von außen dazu genötigt wird. Noch wichtiger war mir allerdings, den Menschen Wilhelmine Klemm nochmal etwas besser kennenzulernen und dieser wunderbaren Figur ein vor allem auch emotional würdiges Ende zu schenken. Und ich finde, das ist uns in dieser Folge ganz gut gelungen.“
Unser Fazit:
Ein würdiger Ausstieg von Mechthild Großmann, eingebettet in eine Geschichte, die viele Wendungen erfährt und dabei oft zum Schmunzeln einlädt. Unbedingt angucken!
Die Premiere von „Die Erfindung des Rades“ verfolgen an diesem Abend rund 1.500 Zuschauende in vier ausverkauften Kinosälen.
Die ARD zeigt den „Tatort“ am Sonntag, 7. Dezember, um 20.15 Uhr. Dann ist er zudem in der ARD-Mediathek verfügbar.
Infos zum neuen „Tatort“ aus Münster
In „Die Erfindung des Rades“ stoßen Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) auf ein verworrenes Netz aus Familiengeheimnissen, Ehrgeiz und eine spektakuläre Theorie zur Geschichte des modernen Fahrrads.
Hobrecht & Hobrecht, Münsteraner Fahrradmanufaktur in fünfter Generation, verspricht nicht weniger als eine Sensation. Mit dem „First Bike“, der jüngsten Entwicklung des Traditionsunternehmens, soll die Geschichte des Fahrrads neu geschrieben werden! Ein Ereignis historischen Ausmaßes also. Da darf Professor Boerne selbstredend nicht fehlen. Nur befindet sich in der Kiste, die Kurt Hobrecht Senior (Hannes Hellmann) und sein Sohn Konstantin (Franz Hartwig) vor zahlreichen geladenen Gästen feierlich öffnen, nicht etwa das geniale Fahrrad, sondern eine Kühltruhe. Und darin wiederum ein weiterer Hobrecht: Kurts Bruder Albrecht (Heinrich Giskes). Schockgefroren!
Bei der Frage, wie der Mann in die Truhe kam, trifft Thiel auf etliche weitere Hobrechts, von denen nicht wenige ein Motiv hätten, den ungeliebten Verwandten aus dem Weg zu räumen. Boerne wiederum, der sich zusammen mit Silke Haller (ChrisTine Urspruch) im fachgerechten Auftauen eines menschlichen Körpers übt, kommt einem geradezu unglaublichen Familiengeheimnis auf die Spur, und Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) zeigt ein ungewöhnlich ausgeprägtes Interesse an diesem Fall...
„Tatort – Die Erfindung des Rades“ ist eine Produktion der Molina Film im Auftrag des WDR für die ARD. Gedreht wurde vom 11. März bis 09. April 2025 in Münster, Köln und Umgebung. Für das Drehbuch zeichnet Thorsten Wettcke verantwortlich – übrigens sein siebtes für den Münsteraner „Tatort“. Regie führte Till Franzen – sein zweiter „Tatort“ aus Münster nach „Der Mann, der in den Dschungel fiel“, auch dort gemeinsam mit Drehbuchautor Thorsten Wettcke.