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„Gut, dass wir uns wieder Hamm..."

Erstellt von Bettina & Ralf Grote | |   News

Seine sichtliche Freude, endlich wieder live vor Publikum zu spielen, konnte sich Jan Josef Liefers - Leadsänger von Radio Doria - mit dieser Wortspielerei am Freitagabend im Kurhaus Bad Hamm nicht verkneifen.

Gleich zweimal musste aufgrund der Corona-Pandemie der Auftritt der fünfköpfigen Band verschoben werden. Nun klappte es endlich. Das Konzert sollte vor zwei Jahren im Rahmen der „Nah"-Tour durchgeführt werden. „Aber da war nichts mit nah, wenn Du 1,50 Meter Abstand halten musst", blickte Liefers auf diese Zeit zurück. Eine Zeit, in der er selbst den einen oder anderen Gegenwind aufgrund seiner Äußerungen im Umgang mit der Coronasituation erfahren musste, die er aber auch beim Anmoderieren seiner Songs durchaus thematisierte: „Man sieht heute Dinge, die man früher nicht wahrgenommen hat, man sieht klarer. Wir erleben aber auch, dass wir nicht alles regeln können." (vor dem Song „Kreise") oder „Angst lähmt uns, macht uns zu Puppen." (vor dem Song „Meine Angst") oder Liefers zitierte eine Studie, in der Menschen gefragt wurden, wen sie als erstes in einer Notsituation retten würden. Hier sagten Frauen „Mein Kind", Männer „Meine Frau" und Kinder „Den Hund"... und er bilanzierte „Es gibt also Hoffnung für jeden von uns!"

Viele haben sich sicherlich wieder zu diesem Event auf den Weg gemacht, weil Jan Josef Liefers u.a. in der Rolle des Professor Boerne im Münsteraner „Tatort" als Schauspieler so unglaublich erfolgreich ist. Dass er aber auch der Musik ähnlich lange verbunden ist, ist einigen neu. Schon 1999 veröffentlichte er eine Single, 2002 ein damals noch englischsprachiges Album, gründete die sechsköpfige Band „Oblivion", aus der dann 2014 Radio Doria werden sollte (Grund: Eine kalifornische Death Metal-Band hat sich den Namen „Oblivion" bereits im Jahr 2006 schützen lassen) und die bis auf einen in dieser Besetzung auch heute noch zusammen ist. Neben dem allseits bekannten Jan Josef Liefers am Mikro sind das Jens Nickel (Gitarre), Timon Fenner (Schlagzeug), Christian Adameit (Bass) und Gunter Papperitz (Tasteninstrumente).

Angekündigt wurden Radio Doria vorab mit den Worten: Die Band wird noch unveröffentlichte Titel spielen, mit denen sie zu ihren Singer-/Songwriter-Wurzeln zurückkehrt und die sie eigens für die intimeren Konzertabende komponiert hat. Der Fokus liegt somit auf akustischen Klängen. Nicht umsonst lautet das Motto der Tour „Nah 2022“. „Wir dimmen die Scheinwerfer ein wenig, drehen die Verstärker leiser – und die Seele dafür lauter…“ sagt Keyboarder Gunter Papperitz über die anstehenden Konzerttermine.

Dieser Eindruck ließ sich zu Konzertbeginn auch definitiv bestätigen. Die Band kam singend mit „Wie es früher nie war" auf die Kurhaus-Bühne und spielte ohne jegliche elektrische Unterstützung - das galt auch für die Mikros. Das war schon sehr beeindruckend. Erst zum Übergang des nächsten Songs („Das war gestern"), gingen die Musiker an ihre Instrumente und Jan Josef Liefers ans Mikro... und dann war es ein "echtes" Konzert.

Radio Doria ist eine Gemeinschaft von fünf Freunden, denen es sichtlich Spaß macht, gemeinsam zu musizieren. Dass das jetzt wieder vor Publikum möglich ist, genießen die Menschen auf und vor der Bühne. Ok, die lange Live-Pause (Hamm war das erste Konzert in diesem Jahr) bemerkte man lediglich einmal mit Beginn des vierten Stücks („Superheld"), als Liefers sympathisch singt „Ist das eigentlich der richtige Ton, nein, ich glaub, dass ist der falsche". Macht nichts, der zweite Start saß dann.

Die 18 Songs umfassende Setlist des Abends enthielt zahlreiche neue Songs der Band, die mit „Radio Doria – Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“ (im Jahr 2014) und „2 Seiten" (2017) erst zwei deutschsprachige Alben veröffentlicht hat. Wäre doch perfekt gewesen, wenn es da rechtzeitig zur Tour die neuen Titel auf einem frischen Longplayer gegeben hätte. „Das Album ist fertig", erzählte Jan Josef Liefers nach dem Song „Nah oder gar nicht", gestand aber „Das Cover fehlt noch." Man darf sich auf jeden Fall schon darauf freuen, die Songs sind abwechslungsreich, musikalisch ausgetüfftelt und und verfügen zum Teil über herrliche Texte.

Mit den Radio Doria-Klassikern „Danke", „Das weiße Haus" und „Verlorene Kinder" erreichte das Gastspiel seinen Höhepunkt. Inzwischen standen nicht nur die treuen Fans - vorne rechts in den ersten Reihen - sondern fast das komplette Publikum, tanzend, klatschend und singend.

Mit dem immer wieder wunderschönen „Blutmond" geht es in die Zugaben, die schließlich mit „Abendlied" ihr Ende finden.

Fazit: Wir haben Radio Doria 2014 erstmals und auch zuletzt in Münster im „Jovel" gesehen, auch das war ein tolles Konzert. Was aber knapp 8 Jahre später in Hamm zu hören war, hat noch eine Spur mehr Spaß gemacht, wozu die neuen Songs durchaus ihren Teil beigetragen haben. „Das musikalische Profil von Radio Doria ist vielfältiger geworden", schrieb ein Kritiker bereits 2017 nach Veröffentlichung des zweiten Albums, und das kann man auch 2022 erneut unterschreiben. In diesem Sinne: Gerne wiederkommen, und das neue Album mitbringen, meine Herren!

Am heutigen Samstag steht die Band bereits in Wilhelmshaven erneut auf der Bühne. Weitere Konzerttermine und Infos auf www.radio-doria.de